Moin. Mittwoch, der 7. Oktober 2020.

Dichte Vegetation? Lebensgefährlich? Unbegehbar? Freie Landschaft !

Und? Haben Sie die Stellungnahme des Bezirksamtes im Wochenblatt schon verkraftet?
Ich nicht. Das alles ist unfassbar und wird es täglich mehr.
Rund 10 Monate sind die Wege an der Tarpenbek gesperrt und unzählige Begründungen dafür wurden gegeben. Zuletzt behauptete man akute Gefahr für Leib und Leben. Und nun ist von all dem gar keine Rede mehr: Nun soll der Beschluss gefasst worden sein, um für 50.000 Euro zu prüfen, ob ein “regelkonformer” “barrierefreier” “Wanderweg” hergestellt werden kann, um mobilitätseingeschränkten Mitmenschen die Nutzung ermöglichen zu können. Ach. Und deshalb ist der Weg seit 10 Monaten für Alle gesperrt? Weil man mal Barrierefreiheitsmöglichkeiten prüfen will? Man geniert sich auch nicht, “moralische Totschlagargumente” an den Haaren herbeizuziehen? Was da jetzt aus dem Hut gezaubert wird, den wir grüßen sollen, das kann doch einfach wirklich nicht mehr wahr sein …

In den vergangenen 10 Monaten ist nicht ein einziges Mal davon die Rede gewesen!
In den Drucksachen, Erläuterungen, Stellungnahmen, Sitzungen: Nichts. Nun, zunehmend in “Erklärungsnotstand” und Bedrängnis geratend, benutzt man, als letztes Schutzschild, Menschen mit Mobilitätseinschränkungen.
Im ersten Moment, als ich das las, habe ich mich für Sekunden fremdgeschämt, so klein, so schäbig, finde ich diesen neuen Versuch vom Thema “Rechtmäßigkeit” abzulenken.

Fehlen ja jetzt nur noch die Bäume. Die Bäume, die ja sicher von Fällung bedroht sein würden, wollte man den Weg “regelkonform” herstellen. Na, die Drohung kommt dann wahrscheinlich mit dem 50.000 Euro-Planungsauftrag, der jetzt “Gutachten” genannt wird. Aufgetaucht sind sie ja schon einmal. 2017. Grüne stehn ja für`s Recycling.

Auf das Gutachten brauchen wir nicht gespannt zu sein, man kann wissen, zu welchem Ergebnis es führt. Es steht ja in den Drucksachen von Anfang an drin. Wer sollte den Planungsauftrag bekommen? Wer ist jetzt der “Gutachter” ?

Darüber erfährt man insbesondere in der Drucksache 21-1337 mehr:
“Sofern das Bezirksamt Hamburg-Nord beabsichtigt, den Weg evtl. für die Allgemeinheit zu eröffnen, bedarf es der vorherigen Übertragung der Flächen aus dem Allgemeinen Grundvermögen in das dortige Verwaltungsvermögen sowie daran anschließend eines Planungsauftrages, damit die baulichen und finanziellen Auswirkungen geprüft werden können. Ein solcher Auftrag liegt dem LIG bisher nicht vor.”

Jetzt liegt er vor. Wenn die Eingabe an die Bürgerschaft ihn nicht gehemmt hat.
Ebenso wie dieser Zeitungsartikel vorliegt. Wie alles vorliegt, in zahllosen Schreiben, Drucksachen, Stellungnahmen und in diesem Tagebuch. Für jeden sichtbar: Alles.
Was nicht vorliegt, bis heute, ist ein “regelkonformes” Verwaltungsverfahren.
Ich frage mich, wann die gewählten Mitglieder des Regionalausschusses denn nun endlich einmal aufstehen und wirksam eingreifen wollen, statt zu schweigen und hinzunehmen, was die Leitung des Bezirksamtes nicht nur mir, sondern gerade ihnen zumutet:
Den Bruch aller demokratischen und politischen Konventionen und den “nachhaltigen” Ausschluss der Bürger von demokratischer Teilhabe. Auf ganzer Linie…

Was mich angeht: Ich werde jetzt erstmal ein paar Tage Pause machen.
Anders lässt sich das nicht mehr ertragen, das ist ja …. Kafka.
( “Es wird solange etwas behauptet, gleich darauf eingeschränkt, wieder halb zurückgenommen, korrigiert, bis sich die Aussage hinter einer Vielzahl von Halbaussagen schließlich völlig verflüchtigt hat.” )
Bis hierhin war das auszuhalten, aber das geht mir jetzt eindeutig zu weit.
Den Rest meines Vertrauens setze ich in die Menschen, die mit den Prüfungen befasst sind.

Ich bin für eine Weile weg. Die Kirschbätter werden mit jedem Tag gelber. Ich kann`s nicht ändern. Abschied hängt in der Luft…

P.S. Im vergangenen Jahr bin ich im Spätherbst, mit Geh-Hilfen ! an der Tarpenbek spazieren gegangen. Rosemarie hatte ihren Rollator dabei. Sie erzählte davon, wie sie und ihre Freundin Lotte den Weg schon vor mehr als zweieinhalb Jahrzehnten nutzten.
Lotte war dabei auf den Rollstuhl angewiesen.