Mal abgesehen davon, dass ich jegliche Selbstkritik im “politischen Raum” immer noch vermisse, stösst mich zutiefst die Art und Weise ab, in der Politiker die mutigen und entschlossenen Proteste der Bürger zum Zwecke der Selbstdarstellung nutzen.
Ich finde, sie sollten ihre “Schauläufe” sofort unterlassen, sie schaden nur.
Der Gipfel der Zumutbarkeit ist für mich erreicht, wenn “der General” Lars Klingbeil sich “an vorderster Front” zu Wort meldet, “ein Jahr des Kampfes” ausruft und allen Ernstes erklärt, der SPD als stärkster Regierungspartei obliege es, dabei die Richtung vorzugeben”.
Das ist eine derartige Unverschämtheit, geradezu eine Frechheit, dass es mir fast die Sprache verschlug, als ich das las. Aber eben nur fast.
Heute rufe ich zurück:
Hamburg will aufstehn – und wird vom Platz gewiesen.
Tausende wollten morgen auf dem Rathausmarkt gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke demonstrieren, doch nun werden sie auf den Jungfernstieg “verbannt”, weil die AfD kurzfristig eine Fraktionssitzung anberaumt hat. Das hat zur Folge, dass Demonstrationen im Umfeld von 350 Metern rund um das Rathaus verboten sind. So ist “die Herzkammer der Demokratie vor linken Gruppen geschützt”, wie die AfD auf ihrer Webseite mitteilt, damit ihre “Abgeordneten unbehelligt und ohne Angst ihren Verpflichtungen nachkommen können.“ Die Demonstration wird deshalb auf den Jungfernstieg verlegt.
Lassen Sie uns zu diesem Vorgang festhalten:
6 ( ! ) Abgeordnete einer Partei, die sich in weiten Teilen offen rechtsextremistisch zeigt, schaffen es, mit einem einfachen “Verfahrenstrick”, tausenden Menschen den Zutritt zu ihrer (!!!) “Herzkammer der Demokratie” zu verwehren und sie ins Abseits zu drängen – unter schamloser Ausnutzung demokratischer Regeln des Rechtsstaates, den sie im Übrigen zutiefst verachten.
Für mich ist das unzulässiger Rechtsmissbrauch.
( § 226 BGB „Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie den Umständen nach nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.“)
Der heute geltende Rechtsmissbrauchsbegriff gründet zwar im Nationalsozialismus (“Kieler Schule”), man sollte aber, gerade in diesem Falle, guten Gebrauch davon machen. Das wird dann auch sicher von jenen verstanden werden können, die heute noch Anhänger dieser Schule sind.
Ich hoffe, dass gegen diesen Rechtsmissbrauch von Seiten der Organisation der Demonstration und/oder Vertetern demokratischer Parteien gerichtlich dagegen vorgegangen wird.
Das Handeln der AfD-Fraktion, die von “ihrem” demokratischen Recht Gebrauch macht, ist – nicht nur nach meinem Dafürhalten- deutlich rechtsmissbräuchlich.
Die Fraktionssitzung ist kurzfristig anberaumt worden, zu einem Zeitpunkt, als die Demonstration bereits angemeldet und der Termin bekannt war und sie dient ganz offenkundig dazu, das Demonstrationsrecht der Hamburger dahingehend einzuschränken, dass sie nicht, (wie angekündigt und angemeldet) auf dem zentralen Platz stattfinden kann.
Es ist aber unter gar keinen Umständen hinnehmbar, das Tausenden das Demonstrationsrecht von eben jenen Kräften in der Ortswahl beschnitten wird, gegen die sie Demokratie und Rechtsstaat verteidigen wollen.
Es geht nicht um irgendeinen Marktplatz, sondern den, den die sechs Abgeordneten – zu Recht – als “Herzkammer der Demokratie” ausgemacht haben.
Gerade diese Herzkammer darf aber niemals von dem Herzblut aufrechter Demokraten abgeschnitten werden.
Dies zuzulassen und es für die Zukunft nicht dauerhaft zu unterbinden,
hielte ich für einen nicht wiedergutzumachenden Fehler, denn dann bestimmt zukünftig die AfD mit ihren Fraktionssitzungen darüber, wer auf dem zentralen Platz dieser Stadt noch demonstrieren darf – und wer nicht.
Es ist nicht allein Aufgabe der Bürger, den demokratischen Rechtsstaat zu verteidigen, es ist auch Aufgabe derjenigen Kräfte in Politik und Gesellschaft,
die die Macht und die Mittel dazu haben, das auch vor Gerichten zu tun.
Es wäre fahrlässig, dieser Auseinandersetzung nicht zu führen, wann und wo immer sie geboten ist.
Die sozialen Probleme lösen – dann hat der rechte Spuk ein Ende.

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind bedroht wie nie zuvor seit Gründung der Bundesrepublik. Ich lese und höre mit Staunen wie Politiker sich mal wieder mit Vorschlägen überbieten, wie denn die Demokratie zu sichern seie und -einmal mehr- die Bürger auffordern, sie zu verteidigen.
Was ich vermisse ist Selbstkritik. Niemand von jenen, die jetzt die Bevölkerung auffordern, die Demokratie zu verteidigen, sieht mal genau hin, was er denn selbst dazu beigetragen hat, dass wir uns jetzt in dieser bedrohlichen Situation befinden.
Es ist alles, wie immer: Empört sein, lauthals beklagen, Gesetze verschärfen, den Rechten die Themen wegnehmen. In völliger Verkennung der Tatsache, dass die Rechtsextremisten es sind, die den “Altparteien” die Themen wegnehmen.
Diese Themen, das sind all die ungelösten Probleme, die überall herumliegen und uns zu ersticken drohen, heraufbeschworen durch eine “neoliberale” Politik und von ihr entfesselte Märkte, die unausgesetzt unzählige Menschen in einer Art und Weise belasten, die für sie nicht mehr tragbar ist.
Die AfD geht mit der bloßen Benennung dieser Probleme und vollkommen haltlosen Heilsversprechungen, mit Lug und Trug, seit Jahren erfolgreich auf Stimmenfang.
Jedes hausgemachte, jedes neu geschaffene, nicht gelöste alte, jedes verschwiegene und verleugnete Problem hat dafür gesorgt, dass Rechtsextremisten in ein Parlament nach dem anderen einziehen konnten.
Nun spalten und bedrohen sie unsere Republik, gefährden in nie gekanntem Ausmaß die Demokratie unseres Landes, dessen Bürger an den sozialen und wirtschaftlichen Folgen einer miserablen und unsozialen Politik zu leiden haben.
Doch auch das wird von den “Altparteien” geleugnet und die soziale Lage wird weiter verschärft, ignoriert und in unerträglicher Weise darüber hinweggeredet…
Aus gegebenen Anlässen
