Bevor ich ein neues Kapitel im Tagebuch beginne, ist es mir ein Bedürfnis, anlässlich der Vorgänge im Thüringer Landesparlament, an etwas zu erinnern, das deutlich macht, was sich da – vor unser aller Augen – ereignet hat.
Wenn man von einer “modernen Inszenierung” verwirrt ist, hilft oft ein Blick in Drehbuch und Regieanweisung, um zu wissen, was gegeben wird.
Als der NSDAP-Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels am 20. Mai 1928 als Abgeordneter in den Reichstag einzog, hatte er knapp 3 Wochen zuvor in einem Leitartikel des „Völkischen Beobachters“ am 30. April 1928 beide geschrieben:
“Wir sind doch eine antiparlamentarische Partei, lehnen aus guten Gründen die Weimarer Verfassung und die von ihr eingeführten republikanischen Institutionen ab, sind Gegner einer verfälschten Demokratie, die den Klugen und den Dummen, den Fleißigen und den Faulen über einen Leisten schlägt, sehen im heutigen System der Stimmenmajoritäten und der organisierten Verantwortungslosigkeit die Hauptursache unseres ständig zunehmenden Verfalls. Was also wollen wir im Reichstag? Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns aus dem Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahm zu legen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren. Wenn es uns gelingt, bei diesen Wahlen sechzig bis siebzig Agitatoren und Organisatoren unserer Partei in die verschiedenen Parlamente hineinzustecken, so wird der Staat selbst in Zukunft unseren Kampfapparat ausstatten und besolden. Eine Angelegenheit, die reizvoll und neckisch genug ist, sie einmal auszuprobieren. (…) “
Hier der ganze Artikel. Wer nach Lektüre noch immer meint, mit der Wahl von Faschisten bringe er lediglich “Bewegung ins Spiel” und wird schon keinen größeren Schaden anrichten, der WILL nicht begreifen, was geschieht.
Das geht über Anfänge, denen wir uns hatten erwehren wollen, deutlich hinaus.
Wir sind mitten drin…
Und das ist weder reizvoll noch neckisch.
Das ist bitterer Ernst.