Vom Geschichte erleben und schreiben.

Na, wie war ihr Tag ? Meiner war großartig, das große Aufatmen nach gestern. Heute morgen, mir war da nach, habe ich mal mit der Pressestelle telefoniert, nachgefragt, wie die Lage denn so ist, der Kontakt sei ja nun schon eine Weile abgebrochen und nun wüßte ich irgendwie gar nicht so recht, worauf das zurückzuführen sei und ob das nun mehr so endgültig sei, punktum: ob da noch was käme ? Wußte die Gesprächspartnerin auch nicht zu sagen, sie war ja nur stellvertretend, damals, und dachte, der Kollege hätte wieder übernommen. Aber sie wird das klären. Ruft mich dann an…
Jetzt stellen Sie sich mal vor, der Mann wär wirklich im Archiv verschollen, als er nach den Antworten auf meine Fragen gesucht hat. Nicht auszudenken! Da würd ich mich abber sowatt von schuldich fühlen, weil ich nich früher ma angerufen hab…

Aber das nur am Rande, was ich ja eigentlich hatte erzählen wollen, war, wie toll der Tag war. Ich habe nämlich eine Geschichte erlebt. Fabelhaft, ich sag`s Ihnen. Die Sonne schien, ich saß mit meinem Gatten zum ersten mal seit über 2 Monaten bei Reyna auf einen Capuccino, den ich im letzten Moment in ein Glas Weißwein umbestellt hatte, und wie ich da so saß und an meinem Wein nippelte, da ist es passiert. Von einer Sekunde auf die andere. Ich war fast besinnungslos vor Glück. Einfach so. Und ich hatte das nahezu unwiderstehlich Verlangen, die Arme in die Luft zu reissen, die Welt zu umarmen und ganz laut “Das Leben ist schön !” zu rufen. Es lag mir auf der Zunge und es bebte in meiner Brust, ich wollte jauchzen und frohlocken “Das Leben ist so schön”. Mein Gatte hielt diese ganze Gefühlsanwandlung ja eher für einen Schwips, aber das kann ich ausschließen: Hätte ich einen Schwips gehabt, ich hätts getan. Ohne Zögern. Nüchtern beschloss ich, ein zweites Gläschen Weißwein wäre vielleicht förderlich und bereitete meinen Mann nach der Bestellung darauf vor, daß ich nicht länger unterdrücken wolle, was da an Lebensfreude aus mir herauszubrechen wünsche. Und dass es, mit Ankunft des Getränkes und meines Genusses, doch für ihn eine gute Gelegenheit seie, mal beim Michi noch ein paar Gürkchen kaufen zu gehen. Ich erwähnte ja schon, daß ich ein höflicher Mensch bin. Nicht erwähnt habe ich, daß mein Gatte gebürtiger Ostfriese ist, was seine Beziehung zu einer Rheinländerin ohnehin schon nicht einfach macht. Auch dann nicht, wenn es die beste Ehefrau von allen ist. Damit er sich also der Peinlichkeit eines, einen Ostfriesen in seinen Grundfesten erschütternden, völlig unangemessenen öffentlichen Gefühlsausbruches seiner Gattin nicht aussetzen muss, habe ich ihn vorgewarnt. Und dann, als ich mich ihm erklärt hatte und er zahlen gegangen war…da wollte ich, aber konnt nicht mehr. Dieser eine unvergleichliche Moment tiefen Glückes, den ich hatte so gern teilen wollen, er war vorbei, und der ganze Zauber war verflogen. Eben war ich noch sicher gewesen, daß sich Menschen mit mir freuen würden, alle sahen so froh, so entspannt aus, genossen die Sonne, das Essen, den Cafe…Ich war so sicher gewesen, daß auch sie empfänden, wie schön das Leben ist, dass sie in tiefster Seele mitfühlen würde, was meine Seele bewegt Und dann: Vorbei, jener Moment vertan, in dem alles möglich war, verpasst die Gunst des Augenblicks….zerdacht, das Gefühl. Aus lauter Höflichkeit.
Und nun sitze ich hier, an meinem Schreibtisch, schreibe diese kleine Geschichte auf und bedauere doch keine Sekunde. So klein diese Geschichte auch ist, so viel habe ich doch aus ihr gelernt. Der Augenblick mag vergangen sein. Das Gefühl ist geblieben. Ja, das Leben ist schön. Und dieses Gefühl kann man auf alle erdenkliche Arten teilen. Auch jetzt. In diesem Augenblick.
Der perfekte Moment? Heute verpennt? Macht nix. Willkommen im Club. Und Morgen ist auch noch ein Tag. Da sind wir alle besser vorbereitet…