Robbie ist dieses Mal mit dabei…

Robbie, Ensemblemitglied des Freien Dachkammertheaters, hier in seiner Parade-Rolle als Krankenpfleger.Applaus!

Moin. (Heute tanzen Hamburger)

Neue Woche, alte Viren … Wenn man bedenkt, wie rasant die Infektionszahlen steigen, ist es schon erstaunlich, wie wenig heute und in den vergangenen Tagen davon zu lesen ist, dass die Pflegekräfte der Krankenhäuser morgen erneut streiken müssen, um angemessen entlohnt zu werden. Im Frühjahr überschlug man sich noch mit Dankes- und Lobeshymnen für all die, die in jenen Tagen “systemrelevant”, trotz aller Sorge, aller Unsicherheiten, trotz der Risiken, ihren “öffentlichen” Dienst taten. Für uns …
Ob in Schulen, Kindergärten oder bei der Müllabfuhr, der Feuerwehr, Rettungsdiensten, und in den Seniorenheimen und Krankenhäusern – wir alle waren diesen Menschen dankbar, “unendlich dankbar”, so sagten wir. Diese Unendlichkeit scheint von einer kurzen Dauer. Ebenso kurz, wie die Haltbarkeitsdauer der gegebenen Prämien-Versprechen von Politikern….

Wir, die wir “damals”, im Frühjahr, nicht mehr tun konnten, als, hilflos auf Balkons stehend, zu applaudieren, waren mit diesen Versprechen zufrieden. Prämien waren ja angekündigt, medienwirksam wurden sie obendrein steuerfrei gestellt – und dann? …

Und jetzt? Was wollen wir jetzt tun? Jetzt ist es ja bald wieder soweit.
Statt für den Herbst und Winter Vorsorge zu treffen, überbot man sich “im politischen Raum” mit immer neuen, immer weiter gehenden Lockerungsübungen, dabei die nächste Wahl, die eigenen Ambitionen, nie aus den Augen verlierend.
Aus den Augen und aus dem Sinn verlor man aber die, die derweil stillschweigend weiter ihren Dienst taten und klaglos Existentielles am Laufen hielten. Die, die nun in Tarifverhandlungen um angemessene Bezahlung und würdige Arbeitsbedingungen erneut ringen müssen.
Was ist also jetzt mit unserer ganz persönlichen “unendlichen” Dankbarkeit? Ihrer, meiner? Darf die auch nichts kosten?
Wenn die Intensivstationen voller werden: Stellen wir uns dann erneut ans Fenster oder auf den Balkon und singen alle zusammen wieder was Schönes, “Identitätsstiftendes” ? Und, für mich nicht ganz unwichtig, wie werden wir uns denn dieses Mal dabei fühlen? Wenn wir sie jetzt nicht unterstützten, wo sie uns darum bitten.
Wissend, dass wir uns nicht alle lautstark empörten, als sie die Prämien nicht bekamen, dass wir nicht ihre Plätze beim Streik einnahmen, als sie Dienst taten und für kranke Mitmenschen da waren. Auch dann noch nicht taten, als man ihnen, listenreich, aber arm an Charakter, das Streikrecht beschnitt.
Was mich angeht:
Mir bliebe jedes Lied im Halse stecken, wenn ich mich morgen nicht an ihre Seite stellte.
Ich würd mich schämen, daß ich ihnen nicht beigestanden habe, in ihrem Kampf um einen gerechten Lohn und Arbeitsbedingungen, die ihnen wieder die Hinwendung zum Patienten erlaubt, schämen, wenn ich mich jetzt nicht darüber empörte, wie man sie – und damit in letzter Konsequenz auch uns – jetzt be”handelt”. Gesundheit ist keine Ware.
Und deshalb werde ich morgen früh zum Heidberg – Klinikum gehen und einen der Plätze einnehmen, die sonst leer blieben, weil es Menschen gibt, die einen wertvollen Dienst verrichten.
Auch, weil es Menschen gibt, die nun, schamlos, Pflegekräfte zu “Not-Diensten” einteilen, damit die nicht streiken können. Denn ihre Not, die auch unsere ist, sollen sie nicht sichtbar machen können…
Die, auf deren Hilfe wir alle angewiesen sind, haben um unsere Hilfe gebeten.
Einen der Plätze, die leer bleiben sollen, werde ich also einnehmen.
Ich lasse sie nicht allein, wenn sie kämpfen. Für sich. Aber auch für uns kämpfen.
Ich bin ihnen dankbar und will es zeigen.

Update: Ich las gerade dies hier. Hamburg ist jetzt Risikogebiet. Ich habe derzeit noch keine Ahnung, ob das eine Auswirkung auf den morgigen Streik haben wird. Bitte halten Sie sich auf dem Laufenden. Ich tu es auch…

update am Abend: Bisher ist der Streik nicht abgesagt und es sieht auch nicht danach aus. Ich werde also morgen, so zwischen 7:30 und 8 Uhr am Heidberg-Klinikum sein.
Robbie auch.
Mit Maske, Sagrotantüchlein und viel Abstand. Im Freien. Platz gibt es genug…
Gute Gründe noch mehr.