Moin. Mittwoch, der 2te September 2020

Fritzchen beim Frühstück. Rastplatz am Eichhörnchen-Schnellwipfel “Nuts to fly”.

Moin. Himmel zartblau mit Schleierwolken, die Sonne versucht zu lächeln, sehr feucht, 11 Grad frisch. Gut geschlafen? Hoff ich doch.
Stille Tage in Langenhorns Freier Dachkammer, für mich kein Grund zu klagen. Ich lese mit Staunen die Zeitungen, in denen Politiker sich mit Vorschlägen überbieten, wie denn der Reichstag in Zukunft zu sichern seie, statt einfach mal genau hinzusehen, was in der Vergangenheit geschah. Es ist alles wie immer: Empört sein, lauthals beklagen, Gesetze verschärfen, den Rechten die Themen wegnehmen. In völliger Verkennung der Tatsache, dass die es sind, die den “Altparteien” die Themen wegnehmen. Diese Themen, das sind all die ungelösten Probleme, die überall herumliegen und uns zu ersticken drohen, heraufbeschworen durch eine “neoliberale” Politik und von ihr entfesselte Märkte, die unausgesetzt unzählige Menschen in einer Art und Weise belasten, die für sie nicht mehr tragbar ist. Die AfD geht mit der bloßen Benennung dieser Probleme und haltlosen Heilsversprechungen seit Jahren erfolgreich auf Stimmenfang. Jedes hausgemachte, neu geschaffene, nicht gelöste alte, jedes verschwiegene, verleugnete Problem hat dafür gesorgt, dass extreme Rechte in ein Parlament nach dem anderen einziehen konnten. Zunehmend spalten sie ein Land, dessen Bürger an den sozialen und persönlichen wirtschaftlichen Folgen seiner Wiedervereinigung (bei der schwerste Fehler begangen wurden) schwer zu tragen haben. Doch auch das wird von den “Altparteien” geleugnet oder es wird in unerträglicher Weise darüber hinweggeredet…

Während “die Wirtschaft”, Konzerne wie “Familienunternehmen”, einen Höhenflug nach dem anderen feierten, erarbeiteten Menschen diese Gewinne hart, die sich auf ihre Löhne gleichwohl in keiner Weise niederschlugen. In einem dereguliertem Arbeitsmarkt entrechtet, von Gewerkschaftern vertreten, die Mitglieder und “Funktionäre”der Parteien sind, die sie der Entrechtung aussetzten, arbeiten Hunderttausende, Millionen, zu Niedrigstlöhnen in Leiharbeit, auf Vollzeitstellen, in Aushilfs-, Teilzeit- und Zweitjobs, deren Verdienst nicht ausreicht, um das Notwendigste zu zahlen: Das Dach über dem Kopf, die Strom und Heizkosten, steigende Gebühren, das Ticket für den Nahverkehr… Menschen, die lang und hart gearbeitet haben und arbeiten, in Schlangen stehend vor den “Tafeln”, dem einzigen, wenn auch karg gedeckten Tisch, für die, deren quälende Lebenswirklichkeit täglich neu geleugnet wird. Und zwar von eben jenen, die sie seit Jahrzehnten schaffen und verschärfen.
Bürger, die scheitern, vor immer neue Probleme gestellt ja scheitern müssen, in und an einer Demokratie, in der sie nichts mehr haben als eine Stimme, die niemand hören will.

Der ganze rechte Spuk, er wird in dem Moment vorbei sein, in dem man endlich beginnt, die Probleme zu lösen, statt täglich Neue zu schaffen, – ob durch Tun, Dulden oder Unterlassen. Wir brauchen keine Bannmeilen, Zäune oder Mauern um das Parlamentsgebäude. Eine ausreichende Anzahl von Polizisten, an Tagen wie Samstag, vor Ort und an Stelle, reichten völlig aus. Allein die Idee einer “Bannmeile” oder “Gräben” ist so instinktlos und abstrus, dass man sich nur noch an den Kopf fassen kann und sich fragt, ob “die in Berlin” denn nun von jedem Geist verlassen sind. Was wir brauchen, das sind keine neuen Gesetze, wir brauchen Problemlöser, aufrechte Demokraten, die sich dem Bürger deutlich mehr verpflichtet fühlen, als ihrer Partei oder Wirtschaftsverbänden. Da muss vom Kopf wieder auf die Füße gestellt werden, was wir “Demokratie” nennen. So, wie es sich entwickelt hat, war es nie gedacht, doch es wurde dazu gemacht.
Was wir brauchen, das ist die Renaissance des demokratischen Gedankens. Und diese Wiedergeburt, die muss “unten” anfangen, vor Ort, sie muss lokal geschehen und von dort ausstrahlen, in Städte und Gemeinden, in die Ortsvereine, die Regionalausschüsse und Bezirksversammlungen hinein, sie muss in unserem Alltag, unserem Leben wirklich Raum greifen können, in Bürgervereinen- und Initiativen, Jedem Einzelnen muss die Demokratie ein gegenwärtiges Thema, eine Herzensangelegenheit sein. Beim Einkauf, auf der Arbeit, in der Freizeit, an jeder Ecke, auf Strassen und Plätzen. Sie muss uns Lebenmittel sein und wo sie es nicht ist, da müssen wir sie säen, hegen und pflegen.
Wie wollen wir leben? Was wollen und was davon können wir tun? Was müssen wir tun, was lassen, ob wir wollen oder nicht, angesichts des Klimas ? Und wie lässt sich das, für alle gleichermaßen, erträglich gestalten?
Bürger müssen wieder Bürger abordnen in die Gremien, Menschen, denen sie begegnen können, die sich in erster Linie als Bürger verstehen und nur in zweiter als Mitglieder ihrer Partei. Und Abgeordnete müssen sich selbst so begreifen und auch von ihren Parteien so begriffen werden, damit sie von den Bürgern wieder als Menschen gewertschätzt werden können, die sich wirksam und fühlbar für Bürgerinteressen einsetzen, und nicht länger als die “Parteisoldaten”, als die sie jetzt verstanden werden.
Unabhängigkeit und Uneigennützigkeit müssen wieder die Regel sein – nicht Ausnahme.

Dann (und nur dann), ist dieser ganze Nazi-Spuk für`s Erste vorbei . Bis zum nächsten Mal, denn die Demokratie wird immer wieder angegriffen werden. Wann immer unsere Aufmerksamkeit nachlässt, unser Wille erschlafft, Verliebtheit nicht zur Liebe wird, um der Bequemlichkeit Willen, wenn aus dem Bekenntnis zur Demokratie keine Tat erwächst – dann sind sie sofort wieder da, die Angreifer.
Die Faschisten sind sich in all den Jahrzehnten nach 1945 treu geblieben. Doch wir, die übergroße Mehrzahl, die sich Demokraten nennt, wir haben einander allein gelassen, seien wir “Bürger”, “Politiker” oder “Verwaltung”. Wir haben nicht aufeinander achtgegeben, auf diesem endlosen Weg der Demokratie, den zu gehen wir nach 1945 beschlossen. Ein Beschluss, den jede neue Generation bekräftigen muss. Eine Weile ist das gut gegangen, nun aber müssen wir feststellen, dass wir es jahrzehntelang versäumt haben, diese Generationen von Bürgern und Politikern, für diesen Weg zu “ertüchtigen”. Wir tuen es jetzt nicht. Und taten das Gegenteil. Wir wussten um all die Gefahren, die auf diesem Weg liegen, aber wir nahmen das Wissen darum nicht zum Anlass, uns gegen diese Gefahr zu wappnen. Und wir sind blind dafür gewesen, dass der “Marsch durch die Instanzen” von den Rechten konsequent im Stechschritt gegangen wurde – während die “68”er sich blindgrün und spezialdemokratisch “etablierten” und dabei vergaßen, was sie sich selbst, die Gefahr deutlich vor Augen, in den “Summers of Love” fest versprochen hatten…
Nicht an ihren Reden, an ihren Taten sind wahre Demokraten zu erkennen.
Darum lassen Sie uns jetzt endlich praktisch werden. Alle. Jetzt. Jeder an dem Ort, dem Platz, an den er gestellt ist. Lassen Sie uns vor unseren eigenen Haustüren die Demokratie leben und die Dinge in Ordnung bringen. Dann schaffen wir ruck-zuck die ganze Strasse…
Tu es ! Das ist französisch und heißt ins Deutsche übersetzt “Du bist”.
Lassen Sie es uns tun: Die Demokratie mit unserem Leben füllen.
Erst dann sind wir wahr- und wehrhafte Demokraten. Alles andere sind Lippenbekenntnisse.