Was lange gärt, das wird zur Wut.

Hoffnungskeimer. Langenhorn Markt.

Ich schrieb Ihnen ja von der Traurigkeit, die mich in der Mittsommernacht anfallsartig überkam. Ich will Ihnen heute erzählen, woher sie kam. Als ich in dieser Nacht am Feuer saß und die vergangenen Wochen an mir vorbeiziehen ließ, auch die vielen Gespräche, mit Menschen, die in Langenhorn ebenso unter der Wegsperrung leiden, wie ich und meine Freundin Rosemarie, da fing sie an. Ich habe in diesen Tagen mehr Langenhorner kennengelernt, als in den vergangenen 15 Jahren zusammengenommen. Sie erzählten von den Erfahrungen, die sie selbst mit Behörden gemacht haben, von den Enttäuschungen, die ihnen Lokalpolitiker bereiteten, von der Ohnmacht, die sie zunehmend spüren, von der inneren Imigration, in die sie gegangen sind, obwohl sie einmal sehr engagiert waren. Von der Verletzung, die sie empfanden, weil sie sich be- und ausgenutzt fühlten…

Viele Geschichten, Begebenheiten die schicksalhaft waren, die ihr Leben veränderten, Ihre Haltung. Ich führte auch Gespräche mit den wenigen Lokalpolitikern, die die Bereitschaft dazu zeigten. All diese Begebenheiten zogen noch einmal an mir vorüber. Wie man mir seitens des Bezirksamtes Gespräche als Bürgerin verweigerte, wie man mich in die “Pressestelle” abschob, ich aber auch dort keine Auskünfte bekomme, nun nicht mehr den Telefonhörer abhebt, wenn meine Rufnummer auf dem Display erscheint.
Wie man seit Wochen, weder der “Bürgerin” noch der “Pressevertreterin” Auskünfte erteilt, keine Stellungnahme, keine Beantwortung der Fragen.
Die Hartnäckigkeit, mit der man die Anliegen der Bürger Langenhorns ignoriert. Die Eintracht, die unter dem Striche zwischen Verwaltung und Politik herrscht, wenn es darum geht, Bürger von den Entscheidungsprozessen auszuschließen.
Entscheidungen, Handlungen, die doch so unmittelbar in unser Leben eingreifen und es erschweren. Die Selbstverständlich- und Selbstherrlichkeit, mit der man all dies tut, an jedem neuen Tag.
Herr Werner-Boelz, der Bezirksamtsleiter, findet es schön, dass er Privilegien hat. In der Bezirksversammlung zeigte er sich erfreut darüber, wie schön es für Groß-Borstel sei, dass es sowohl eine Lobby im Bezirksamt, als auch in der Bezirksversammlung habe.
Ja, das ist schön, wenn man das Privileg hat, am und für den eigenen Wohnort wirken zu können. Wäre er Langenhorner – wären dann die Tarpenbekwege noch offen?
Das war einer der Momente, in denen ich fassungslos vor dem Bildschirm saß. Es sollten im Laufe der Bezirksversammlung noch mehr werden…
Ich dachte an mein Leben im Ruhrpott zurück. Wie es dort war, wie der Umgang mit den Bürgern, wie mit mir. 15 lange Jahre schrieb in den Städten Mülheim, Oberhausen und Duisburg zweimal in der Woche Kolumnen, in denen ich mich all der Probleme annahm, die Verwaltung, Politik und Wirtschaft meinen Mitbürgern bereiteten. Auch im Radio gab es wöchentliche Beiträge.
Ich war dort, auf Grund dieser Tätigkeit zu einer “Person des öffentlichen Lebens”, geworden, die Bürger waren es, die mich dazu machten, und so bin ich ihnen begegnet, kannte all die Akteure, die Oberbürgermeister, Bürgermeister, Landes- und Bundesminister, die Vorsitzenden der jeweiligen Fraktionen, die Ratsmitglieder. Auch der Karneval ist eine hilfreiche Gelegenheit, sich zwanglos zu begegnen, eine, bei der man sich auch nicht aus dem Wege gehen kann. Ich habe wirklich viel erlebt. Aber eine derartige Respektlosigkeit, wie sie hier kultiviert und gepflegt wird, ist mir dort in keiner Stadt begegnet. Man schätzte nicht sonderlich, dass ich mich für die Rechte der Bürger einsetzte, Dinge publizierte, die man verschweigen wollte, dass ich für Demokratie und das Handeln nach Recht und Gesetz eintrat – aber man setzte sich doch damit auseinander.
Nur ein einziges Mal hat man sich ignorant gezeigt und ließ sich lieber öffentlich und sehr dezidiert des Verfassungbruches bezichtigen, als mich zu verklagen. Man hatte allen Grund, es nicht zu tun. Doch da lebte ich schon lange in Hamburg.
Das ist eine andere Geschichte, doch sie fiel mir am Lagerfeuer wieder ein. Diesem Mittsommernachtsfeuer, an dem die Traurigkeit begann.
Kurze Pause. Weiter im nächsten Beitrag.