Französische Leichtigkeit

Die hätte ich jetzt gerne, meine alte französische Leichtigkeit. Diese Stimmung, die einem den Kopf verdreht, die sich nach Sonne im Strassencafe und Edith Piaf anfühlt, die nach Frühling riecht, nach Wein, die perlt wie ein Gläschen Champagner und knuspert wie ein Baguette. Normalerweise kein Problem, wenn man die richtigen Zutaten hat. Und die hab ich nicht. Französische Leichigkeit ohne Pastis und mit dem, was in Deutschland für Baguette gehalten wird, – das geht nicht. Früher hätte ich mich jetzt in die U-Bahn gesetzt, geträumt, es sei die Metro und wäre zum Dammtor gefahren. Da gibt es Ficelle. Aber jetzt? Bleib ich zu Hause. Langweile mich. Weil ich mir selbst, in der Bemühung um neue Struktur, Samstags und Sonntags frei gegeben hab. Frei haben ist langweilig, wenn man immer frei haben kann. Ich vergnüge mich viel lieber bei der Arbeit. Das ist ja das Schöne an meinem Schriftstellerin-Sein, das ich ja schon beschrieb….

Ich bin so frei. Tja, und jetzt bin ichs nicht nur, jetzt hab ich auch. Frei. Aus lauter Langeweile mach ich dann schon mal so Assoziationsspielchen mit mir selbst. Heute morgen dachte zum Beispiel: Island. Und dann ging es los: Island – Blond – Badezimmer – Badezimmerschrank – Schublade – Haarfarbe. Islandblond. So. Da hatte sich der Sprachkreis verhängnisvoll geschlossen Vorher, noch früher am Morgen hatte ich nämlich noch ein Musikvideo von Marilyn gesehen, ein paar Erinnerungen nachgehangen und gedacht ” Ach,Mimiken, Haare färben könntesse au ma widder, Zeit hasse ja gezz genuch, mach ma.” Damit war der Gedanke zur Reife gekommen, am Ende der assozi-irren Reihe nahm ich also ein klein Pülleken “Islandblond” und ging, immer noch nicht frisch, ans Werk. Mich drängte es nach Veränderung, Erhellung des Lebens, – da kam mir das isländische Platinblond gerade recht. Eine Stunde später machte ich, nun waschmöhrchenblond. die bittere Erfahrung, daß die Falten am Hals gar nicht weggegangen waren. Ich band mir fix ein fesches Halstuch um, griff unverzüglich zur Silbertönung und startete den nächsten Spülgang. Watt soll ich sagen… Die Farbe war gut, aber die Haare irgendwie … zu lang. Ich wollte jetzt auch gar nicht mehr aussehen wie Marylin Monroe, die hatte ja nie ein Halstuch tragen müssen. Mir war jetzt mehr nach Pink. Annie Lennox. Oder Mariza. Ich also erstmal die halbe Geltube in die sterilisierten Handflächen und den ganzen Wischmob hinter die Ohren und ran an den Kopp gepappt. Ein Blick in den Spiegel… Die Frau darin sah aus wie eine gealterte Meg Ryan aber immernoch in “French Kisses”. Sie wissen schon, die Szenen, in denen Sie so verzweifelt mit den Armen rudert und die Augen verdreht. Womit wir dann auch schon wieder in Frankreich wären, der Leichtigkeit des Seins und Marilyn Monroe. Ich setzte sofort! die Brille ab und tastete hektisch nach Make-up, Lippenstift und Wimperntusche..
Wie es weiterging? Gar nicht. Es ging nicht weiter. Ich bin ohne Brille auf dem Weg zum Schreibtisch gegen die nächstbeste Tür gerannt, sitze jetzt hier und schwanke zwischen Schere und Pudelmütze. Aber wie auch immer ich mich entscheide, völlig egal wie ich dann aussehe: Es sieht ja keiner. Sitzen alle zu Hause.
Ich auch. So what 🙂