Neue Szene. Kirschen im Winter.

Kirschen. Kein Winter..

Auf die sensationellen Photos vom Markt warten Sie heute leider vergeblich, an meinen Knipskasten komm ich erst morgen – heute war ich leider zu spät. Das liegt alles am Wetter. Jawohl! Das bekommt mir nicht. Meine Oma liebte diesen Spruch von der Sonne im Herzen. Ja, schon klar. Aber wie bekommt man die da rein ? In solchen Mengen, daß man einen Hamburger Herbst durchsteht? Von November bis Mai ist doch zappenduster……Das Beste wird sein, ich schreib mir was …

Ort: Dachkammer, Zeit: nach Mittag, anwesend: nur die Dachkammerpoetin und das Hasenschäflein.

Die Dachkammer ist sonnendurchflutet und angenehme 24 Grad warm, die Fenster weit geöffnet, eine sanfte Brise weht herein, Musik liegt in der Luft. Das Schäflein sitzt auf der Fensterbank und schaut dem Langenhörnchen zu, wie es eine dicke rote Kirsche im Baum vor dem Fenster verspeist. “Schmeckt sie Dir?“ fragt es und „Ist sie schön süß?“ „mmhh“ antwortet das Langenhörnchen.“ „Mit vollem Mund spricht man nicht“ tadelt da das Hasenschaf und klingt dabei ein bißchen wie sein Papa, der Bär. Mimi, die am Schreibtisch sitzt und ihr Gesicht in die Sonne hielt, reicht nun dem Schäflein schnell ein Marzipanmöhrchen. „Iss etwas, mein Schatz“ sagt sie, aber es ist zu spät. Hasi hat endlich eine Gesprächspartnerin gefunden. „Wieso ist es denn auf einmal so warm? Vor einer halben Stunde war es doch noch kalt und hat geregnet. Kein Blatt war am Baum und jetzt hängen da Kirschen. Sag mal, Mimi, wie kommt denn das? „Och“ antwortet die Poetin  „ist das denn nicht egal? Hauptsache, es ist schön“  „Aber ich hätt es gern gewußt. Wegen Klimawandel und so. Wenn Pappa mit dem Honig zurückkommt , dann frag ich ihn. Der weiß das bestimmt. (Das Hasenschaf greift jetzt doch zu der Möhre) Was hast Du denn heute geschrieben, Mimi? Lies doch mal vor !“ Und das macht die Mimi . Es fängt an mit  „Die Dachkammer ist sonnendurchflutet und angenehme 25 Grad warm“ und endet: genau hier und jetzt. Das Hasenkind ist ganz aufgeregt, hüpft der Mimi auf den Schoß und liest selbst noch einmal. „Aberaber boah… Mimi, aberaber boah ei, das hast Du doch heute vor Mittag geschrieben, als Du noch so einen krummen Sinn hattest.“ „ Wegen des Wetters“ setzt es noch hinzu. (Den Genitiv hat es sich von der Poetin abgelauscht. Die mag ihn auch.) „Du hast morgens das Wetter vom Mittag geschrieben“. „Ach“ sagt die Mimi „das machen Viele. Nennt sich Wetterbericht“ „NeeNeeNee“ (das Schäfelein ist völlig außer sich) „Das können die nicht. Nicht in einer Stunde vom kahlen Baum bis zu fertigen Kirschen.Das kannst nur Du! “ Die Dachkammerpoetin wird rot bis über die Ohren, das Hasenschaf jubelt. “Ich hab es gewußt!  Gibs zu: Du hast das Wetter gemacht. Du kannst es! Hurra! Komm, raus in die Sonne! (Hasi zerrt an Mimis Hand “Bittttööö. Die anderen sind auch draussen.“ In diesem Moment öffnet sich die Tür und sie poltern alle herein: Der Paul und der Till, Prof.Bär und der Drache Wan-Zen. Alle vor Kälte zitternd und triefend nass. “Brrrr“ macht der Bär und schüttelt sich, Paul rennt zu Mimi, will frottiert werden, Till lässt sich stumm und steif auf den Teppich fallen, während der Drache ein kleines bißchen Feuer in die Luft spukt, an dem seine Freunde sich trocknen können. Tullus in der Dachkammer. Laut. Alles, wie immer.

Und die Sonne war weg, und die Kirschen waren weg, die Wärme, die leichte Brise – alles weg, von einer Sekunde auf die Andere. Vorbei der Traum, verschwunden wie  eine Seifenblase. Die schwarzen Wolken waren wieder da, und der Kirschbaum war kahl, es war kalt, es regnete und stürmte. Das Hasenschaf schaut die Poetin vorwurfsvoll an. „Ich kanns“ sagte Mimi „Ehrlich. Aber es funktioniert nur innen und nur, wenn es ruhig ist“ „Für eine Weile war es wirklich schön“ sagte das Hasenschaf. Dann schlief es ein.