Moinsen Sonntag. Der letzte im Juli.

Little Rose – Cottage. Im Werden begriffen. Und links, nicht im Bild, da wird eine Bank stehen. Rund um die (Kletter)Rosen werden Vergißmeinnicht blühen. Die Lücken rechts werden mit Lilien und vielen Kräutern gefüllt sein. Majoran, Thymian … Zuletzt kommen die Natursteine, die kann ich im Moment nicht heben und wenn, dann fiele ich mit der Schubkarre um. Geduld, Geduld. Das wird schon…

Moinmoin. Es regnet seit kurz nach 4 und regnet noch, Himmel grau, recht warm und die Erde jauchzt vor Freude. Ich entspanne mich zusehends und freue mich auf die kommende Woche, die uns hoffentlich bringt, was wir so sehr vermissen: Freie Wege…


Ich genieße diese Ruhe-Tage, die ich mir gönne. Ich freue mich auf den ersten Spaziergang an der Tarpenbek, an das Plätschern des Wassers, den Geruch der Erde… Der Duft von Kräutern an den Wiesen, und die Schmetterlinge dort. Der Vogelgesang, der im Hain immer ein wenig anders klingt, als im Garten, das Klopfen des Spechtes, der scheue Blick auf ein Reh, das am Feldrand äst. Die schönen Erinnerungen und hunderte Stunden mit Rosemarie. Vollendete Gegenwarten. Leben. Sterben. Da sein. Räume wechseln…
Ja, es ist an der Zeit, daß wir wieder auf Freien Wegen ungehindert durch unsere kleinen Leben gehen können…

So. Nun aber jetzt genug der literarischen Höhenflüge, an diesem schön beregneten Sonntagmorgen. Bevor ich noch an Höhe verliere und eine Bruchlandung hinlege, erzähl ich Ihnen mal was, von dem, was mich genauso glücklich zu machen geeignet ist, wie ein Spaziergang an der Tarpenbek: Mein Garten, in dem ich mich gerade erhole und vorfreue. Das Bild, dass ich mir im letzten Winter vom alten Hühnerhaus ganz am Ende des Gartens, in Gedanken gemalt habe, hole ich Pflanze für Pflanze und Saatkorn für Sattkorn in die Realität. Die ersten Tomaten im Bauerngärtchen sind reif, die Kohlrabi gedeihen prächtig, der Kürbiss auch – nur die Bohnen habe ich immer noch nicht gesät. Ein Garten lehrt alles, was man über das Leben wissen muss, für mich ist Geduld eine der schwersten Lektionen gewesen. So Manches, was ich vor einem Jahrzehnt gepflanzt habe, und das in meiner Phantasie Jahr für Jahr zahlreiche Blüten trieb, zeigte mir in keinem Sommer mehr als die grüne Schulter. Klar, wenn man Geld wie Heu hat, dann kann man sich alles “fertig” kaufen, ich aber freue mich, keines zu haben, stattdessen aber reich zu sein, an den Lektionen, die mir die Natur in all den vielen Jahreszeiten erteilte. Ich habe meinen Garten gelebt und möchte keine einzige Erfahrung vermissen. Nicht die schönen Überraschungen im Frühling, nicht die bitteren Sommer des totalen Misslingens.
Loki Schmidts “Naturbuch für Neugierige” ist das einzige Natur-und Gartenbuch, das ich gelesen habe und ich möchte es jedem empfehlen. Besonders aber denen, die einen Garten “haben”, und statt mit ihm, nur in ihm sind. Vom ersten Moment an.
So, wie ich finde, daß jeder der Wein trinkt, wenigstens einen Tag seines Lebens an der Weinlese teilgenommen haben sollte, so bin ich der Auffassung, das jeder, der das große Glück hat, ein Stückchen Land zu besitzen, einen Schrebergarten, wenigstens in einem Jahr darin alles, was für Geld zu kaufen wäre, selbst tun sollte und auch nichts zu pflanzen, was er nicht selbst aus einem Saatkorn oder einem Ableger gezogen hat. Erst dadurch lernt der Mensch, zu schätzen, was ihm geschenkt ist. Das kann man nicht denke. Das muss man, auch körperlich, fühlen. Wer danach ein Glas Wein trinkt, einen Salat isst, eine Kirschmarmelade kostet, an einer Rose oder Lilie riecht – der tut das als ein anderer, ein Wiedergeborener, ein wahrhaft Mensch Gewordener. Er weiß dann zutiefst, wieviel Knochenarbeit darin liegt. Wieviel Geduld und Selbstdisziplin. Und von wieviel Dingen, von welch gutem oder misslichen Geschick, auf dass er so gar keinen Einfluss hat, das Gelingen oder Scheitern, auch seiner allergrößten Bemühung, abhängt. Er hat sich selbst und die Natur begreifen gelernt, und weiß, wovon das Leben, auch seines, abhängt. Er ist Teil von etwas geworden, dass größer ist, als er selbst, so klein und unbedeutend er es auch immer ge- und übersehen haben mag. Kostbare Seeleneindrücke, die alles verändern. Die demütig machen, die zufrieden sein lassen und dankbar, für das, was wir zu behüten, zu bewahren und zu heilen, was wir in schändlicher Weise mehr und mehr verwundet haben, wo immer es uns möglich ist. Koste es, was es wolle.

So. Ich trink jetzt mal Tee und hör dem Regen zu, wie er auf das Dachkammerfenster pläddert, Töne dicht an dicht, ein gleichmäßiger Strom sanfter Tropfen, die sich zur ganzen Fülle des Leben ergießen…

Rumms. Gezz isset donnoch passiert. Ich hör gezz besser ma auf und genieß et.
Sonntag. Rosemarie hat dann immer die “Sternstunden” der Philosophie ferngesehen.
Die Erinnerungen hören auf zu schmerzen und treiben tröstende Blüten glücklicher Momente. Das Leben ist schön. In allen seinen Facetten. Alles ist gut.