Eilmeldung: Dramatische Szenen in der Dachkammer. Liveticker…

Zurück zu den Wurzeln. Notebook auf geputzter Platte.

Von wegen Komödie! Das ist grauenhaft. Ich hab das jetzt alles abgeräumt und überall steht und liegt und stapelt sich alles, was sich eben noch auf meinem Schreibtisch befand, auf dem Boden! Ka-tas-tro-phe! Ich bin zwar arbeitsfähig, aber wie soll ich jemals wieder arbeiten können, in diesem…Das ist doch ein einziges Desaster!

Über Jahre habe ich an meinem Arbeitsplatz ein einzigartiges Biotop aus unnützen, aber hübschen Dingen geschaffen, fragile Gebilde aus gestapeltem Papier, fein austariert, wie vorsichtig habe ich den Staub herunter gepustet, Jahr um Jahr. Dazwischen die Souvenirs meiner Lebensreise, die die Kräfte ableiteten, die Stapel sicherten, geniale Streben meiner Papierkathedrale und nun? Alles im Dutt. Das ist (schneuz, heul) das ist….(langezogener Heulton) das Ende! Mein ganzes schriftstellerisches Leben liegt in Trümmern! Das krieg ich nie wieder so hin, nie wieder.
( Die Dachkammerpoetin weint herzerweichend. Professor Bär reicht eine Anstaltspackung Taschentücher. “Na,na,na, meine Liebe, so schlimm wird es nicht sein, das ist nur der Schock! Atmen Sie, atmen Sie tief durch. Ein…aus….ein…aus. Fein, gut machen Sie das. Jetzt noch 2,3 ihrer bewährten Omms, dann haben Sie ihr Seelenleben wieder im Griff…”)
Hab ich? Drücken Sie mir bittebittebitte die Daumen, während ich mal kräftig in die Tischplatte beisse…
Und drücken Sie dem Handwerker die Daumen, daß er es überhaupt bis an den Heizkörper schafft. Oder mir, dass ich es noch schaffe, ihm eine Schneise durch den Blätterwald zu schlagen…

update 9:05 Uhr. Erste Begehung erfolgreich. Aber noch kein Ende. Professor Bär hält die verzweifelte Dachkammerpoetin in seinen Armen, das Hasenschaf versucht auch, sie aufzumuntern, kitzelt sie und jauchzt dabei “Kille,kille”. Vergeblich. Die Poetin ist untröstlich, seit Wan-Zen, der Drache der vollendeten Weißheit, vorgeschlagen hatte, mit ein paar gezielt gespukten Flämmchen, die Anzahl der Papierberge zu reduzieren. Das war freundlich gemeint, löste aber einen weiteren Tränenfluß aus. “Ich weiß nicht mehr weiter” heult die Poetin, bevor der Vorhang sich zur Pause senkt…

Ich auch nicht, glauben Sie mir, ich auch nicht…

update 11:18 Uhr.
Stagnation in der Dachkammer. Die Poetin hat sich aufgerichtet, die Tränen getrocknet, auf den strubbeligen Haaren ein schiefsitzendes Krönchen, das sie gerade mit der linken Hand richtet. Eine einzelne Träne rollt einsam ihre Wange hinab (Merke: Einzelne Tränen sind die bittersten) und wir hören sie murmeln. “Maria hilf.”, woraufhin ein Engel mit einer Harfe erscheint, während Professor Bär und das Hasenschäflein anfangen aufzuräumen.
Warten wir mal ab was passiert, bei Schriftstellers daheim zu Haus, in unsrem Dorf, in unsren Strassen, da sind auch Wunder möglich…
In diesem Moment betritt der freundliche Handwerker ein letztes Mal die Dachkammer, schraubt mit geübten Händen, geeignetem Werkzeug und flinken Fingern das Thermostat an den Heizkörper. Abgang.
In nicht allzulanger Zeit wird die Poetin an dem neuen Knopp drehen und dann wird es warm werden, ganz schön warm. Die Eiszapfen an Ohren und Nase werden abtauen, eine zarte Röte wird sich ihr aufs Gesicht zeichnen und…
Paul, der Kater betritt die Dachkammer ” Samma, watt is gezz eigentlich mit Mittagsfisch? Kommt da nowatt außer Gesülze oder werd ich verhungern müssen?”
“Nein, natürlich nicht Paul. Ich schreib uns jetzt mal ne warme Mahlzeit.” Sprach die Poetin, setzte sich an den leeren Schreibtisch, tippte und schon deckte sich das Tischlein mit den schönsten Leckereien. Und alle nahmen sie daran Platz. Der Bär, das Hasenschäflein, der Kater und die Mimi. Der war ja noch nie leer gewesen, doch jetzt bog er sich, unter all den Spezereien. Und der Engel mit der Harfe hörte nicht auf zu spielen, alle saßen und aßen und dann machten sie sich gemeinsam daran, den Schreibtisch einzuräumen. Und als auch noch Mary kam, um zu helfen – da war alles wieder gut. Mary schnipst mit dem Finger. Schnapp. Und feddich is die Laube. Naja, noch nicht, aber bald. Bald ist die kleine Welt in der Dachkammer wieder in Ordnung….

update 14:24 Uhr: Vorhang . Der Müllerin ist blümerant. Sie nimmt sich eine Ohnmacht.