Genug ist genug. Das Gender*sternchen und ich. Singe, wem Gesang gegeben.

Ich hätte schon lang etwas zur Veränderung der Sprache schreiben sollen, hatte aber nie so richtig Lust dazu. Ich schrieb lieber schöne Geschichten, als Sprache zu analysieren. Daran hat sich lang nichts geändert. Seitdem ich jedoch hier schreibe, stolpere ich andauernd über herumliegende Gendersternchen. Es fing damit an, daß ich über meinen Beruf schrieb. Da ist es klar, daß ich für mich das Wort “Schriftstellerin” als meine Berufsbezeichnung nutzte. Als ich es tippen wollte, weigerte sich mein Finger ganz hartnäckig “automatisch” die Taste mit dem Sternchen zu drücken. Dazu befragt, meinte der schlimme Finger, es ginge in diesem Satze, den zu schreiben ich mich angeschickt hätte, doch zweifelsohne um mich. Und das wäre doch nun ganz und gar persönlich, beträfe mich also ganz allein und mein Geschlecht seie mir doch völlig klar und deshalb eindeutig zu bezeichnen, nämlich ohne *. Das schien mir logisch und die Sache war erstmal erledigt. Geblieben war die Frage meiner gesamten Hand, ob es für solche Fälle wohl Regeln gäbe, also eine Art “Gendergrammatik”, mit der man sich solche Fragen beantworten könne. Irgendwann, wenn ich mal ganz ausgesprochen große Langeweile und sonst nichts zu tun hätte, könnte ich mich ja drum kümmern. Bis dahin würde ich ein paar Sternchen hier und da einstreuen, aus Höflichkeit sozusagen. Ich bin gerne höflich. Und dann ist gestern, zum wiederholten Male, etwas passiert, zu dem ich schreiben will. Weil ich muss. Es geht offenbar nicht anders, denn nun werden meine Grenzen so deutlich verletzt, daß ich das nicht mehr schweigend hinnehmen kann. Ich gestatte mir also, mal wieder, ein paar deutliche Worte.

Mehrfach ist es in den vergangenen Tagen passiert, in TV-Gesprächen, Nachrichten, gestern dann in einem Kulturmagazin. Es gibt mal wieder einen neuen Sprachtrend, und mit dem ist dann bei mir nun endgültig der Punkt erreicht, an dem ich den “Trendsettern” zurufe: Ihr habt sie doch nicht mehr alle! Und: Ihr könnt mich mal! Ich werde mich diesem neuerlichen Sprachdiktat keinesfalls unterwerfen, das da zu neuer Blüte reift. Ich bin raus, bin nun fertig mit euren Firlefänzchen. Und wage es keiner, noch einmal in meine Sprache einzugreifen. Macht, was ihr wollt, aber bleibt mir vom Geiste…
So. Das mußte raus und tat schon sehr gut…..”Iste klar diese Wörter, iste möglisch verstehen, was ich hab’ gesagt?” Iste aber noch nisch alles…
Vielleicht sind Ihnen diese Kunstpausen auch schon aufgefallen, die jetzt, mitten drin in einem Wort, gemacht werden. Beispiel: Schriftsteller(Pause)In. Das “I” nach der Pause hochgradig betont. Diese neue “Sprachperformance” wird uns jetzt auf allen Kanälen begleiten, die erste Stufe der Sprachrakete ist gezündet und die Penetranz, mit der sie befeuert wird, wird so lange anhalten, bis wir alle es “begriffen” haben: So! So und nicht anders spricht man jetzt “richtig”! Diese SprachKunst-Pause wird an der Stelle eingelegt, an der in der Schriftsprache das “Gendersternchen” steht. Es findet dadurch Eingang in die Lautsprache, dass man es mitspricht, in dem man es “ausdrücklich” nicht spricht. Merken Sie, nä ? Das ist absurd! Und was dabei herauskommt ist ein “Wortus interruptus”, der maximal mögliche Blödsinn und ich bin sicher, der Erfinder*in dieses Sprachgetüms geht ganz gewiss etwas ab. Und im Sprachfluß hat von den Trendsettern noch keiner gebadet, was dringend von Nöten wäre. Mir jedenfalls stinkt es. Und zwar bis zum Himmel. Ich habe diese Sprachdiktate aller Art zwei lange Jahrzehnte klaglos und mit großer Geduld ertragen. Dass man in Jedermanns Schrift und Sprache eingriff, auch in die, von Schriftstellern, die verstorben waren und sich dagegen nicht mehr verwahren konnten, das habe ich hingenommen, obwohl ich es bisweilen unerträglich fand. Ich hatte ja die Erstausgaben. Und für mich hatte ich ja festgeschrieben, daß meine Texte ohne meine Einwilligung, nicht sprachlich an “neue” Zeiten angepasst werden. Auch bediene ich mich weiter der “alten” Rechtschreibung. Wenn “reformierte” Schreibweisen auftauchen, rechne ich mir diese selbst als Fehler an. Meine Sprache, ob geschrieben oder gesprochen, ist der intimste Ausdruck meiner Seele. Und ich finde es schon lange unverschämt, wie sehr ” man* ” sich dazu berechtigt glaubt, in die Sprache Anderer eingreifen zu dürfen, nachgerade zu müssen. Ein Bewußtsein für Sprache zu vermitteln ist die eine Sache, und sie ist auch von Nöten, aber Menschen fortwährend niederzumachen, sie unausgesetzt in ihrem sprachlichen Ausdruck “formal” zu korrigieren, das ist schon eine unglaubliche Frechheit, eine Anmaßung ohne gleichen. Mich wundert nicht, wie sehr viele Menschen im Laufe der vergangenen Jahre zunehmend verstummten. Sie wurden ihrer Sprache, ihres ureigensten Ausdruckes beraubt, von einer Art “Sprachpolizei” niedergeknüppelt und zwar ohne jedwedes erkennbare Bemühen um Gerechtigkeit. Und wenn man sich nun daran macht, auch noch die Sprachmelodie bestimmen zu wollen, dann schlägt das dem Faß den Boden aus. Es ist mein Gesang, den ich hier anstimme, es sind meine Worte, meine Sprachmelodie. Und niemand hat das Recht, mir da reinzureden. Auch einer Nachtigall hat niemand vorzuschreiben, wie sie zu singen hat. Und wenn sprachbegabte Papageien “nachplappern” was ihnen der Mensch beibringt, so bedeutet das nicht, dass sie dann auch wissen, was sie reden. Besser wäre es, der Mensch lernte Papageien in ihrem Wesen und eigenem Ausdruck zu verstehen. Akte der Dressur bringen uns nicht weiter. Es ist nicht die Sprache, die “brutal” verändert werden muss. Es ist einzig das Bewußt-Sein, das tiefgreifende Veränderung bewirken kann. Der Mensch kann sich nur von innen heraus und nur aus eigenem Antrieb ändern. Er muss es wollen, man kann es ihm nicht “einbläuen”. Die geeignetsten Methoden, eine solche Veränderung zu bewirken sind: Wohlwollen, Verständnis und Liebe. Was aber betrieben wurde und wird, das nenne ich
” schwarze Pädagogik”. So. Jetzt “Isch habe fertich.”

Hier die “Gendersternchengrammatik”. Ich habe Sie erst nach der Verfassung des Artikels herausgesucht und gelesen. Noch mehr Firlefanz…
Hier ein paar Sternchen ********* Macht damit, was ihr wollt…