Heute geht der Vorhang wieder auf und wir werden einer Szene teilhaftig, die überfällig war. Es zeichnet sich ab, dass es ein Liebespaar geben wird. Erste zarte Bande wollen geknüpft sein, noch reden die Beiden übereinander, bald aber schon soll es zu einer ersten Begegnung kommen. Das will gut vorbereitet sein, denkt sich der Till und macht sich daran, die Dachkammerpoetin über die Dame seines Herzens auszufragen…
Till: Sag mal, Mimi…
Mimi: Geht’s wieder um Fräulein Hildegard ?
Till: Ja. Ich hab da Fragen..
Mimi: Ich nur Eine: Hast Du ein Hasenschaf verschluckt?
Till: Ja. Nein, ach … Mach Dich nicht auch noch lustig über mich. Ich hab ein paar Jahrhunderte auf dem Buckel, aber sowas ist mir noch nicht passiert,Liebe auf den ersten Blick. Da kann man doch mal Fragen haben! (Mimi nickt nun verständnisvoll)
Mimi: Tschuldigung. Ich vergess immer dein Alter. Du bist so….jung. Und so verliebt. Was willst Du denn von Hilde wissen?
Till: Wieso hab ich sie vorher nie hier gesehen? Überhaupt: Erzähl doch mal. Wie ist sie denn so?
Mimi: Fleißig. Sehr fleißig. Wie Heinzelfrauen eben so sind. Überaus nachtaktiv. Tagsüber sitzt sie dann auf dem Sofa und schläft mit offenen Augen.
Till seufzt. „Diese Augen! So blau!“ (Er seufzt noch einmal…) Ich liebe sie.
Mimi: Besser ist`s ich sag es Dir gleich: Mit Euch beiden, das wird schwer. Sehr schwer. Das ist wie mit Lady Sunshine und Mr. Moon. Wenn Du aufstehst, dann geht sie schlafen.
Till: Das kann man ja alles ändern. Du kannst es ja ändern!
Mimi: Ich wüßte nicht wie. Ist nicht vorgesehen in eurer Welt. Heinzelfrauen leben nur nachts. Ihr Anderen habt Euch aber für ein Leben am Tag entschieden. Bei mir.…
Till: Ja, aber das kann man doch ändern. Bleib ich eben auf. Oder leg mich dazu. Und sie geht nicht schlafen.(Till lächelt bei dem Gedanken verzückt) Das Beste wäre, Du schreibst uns einfach um.
Mimi (seufzt): Ach Till, so einfach ist das alles nicht. Wenn ihr euch einmal entschieden habt, zu leben, dann kann ich nichts mehr ändern. Das ist allein Eure Sache und nur ihr könnt einen Weg finden – ich kann es nicht.
Till: Wieso denn nicht? Du denkst Dir was aus, dann schreibst Du es auf und gut is! Hildegard und ich. Große Liebe. Balkonszene . Diesmal mit Happy-End. Also ran an die Tastatur. Zwei Hühner, zwei Gänse, zack-zack und fertig ist die Liebeslaube.
Mimi: Eben nicht! Ach mein lieber Till, nichts ist dann gut. Alles ist dann … (Mimi schluckt schwer und schweigt einen Moment). In dem Moment, wo ich etwas täte, nur, weil einer von euch das will, da wäre alles verloren. Tue ich es, verliert ihr Euren Zauber und alles ist vorbei. Da zerfallt ihr nicht zu Staub, aber eure Lebendigkeit, die erlösche im selben Moment. Jeder, der das Leben in sich fühlt, der „Ja“ gesagt hat dazu, muss seinen eigenen Weg finden, Till. Das ist nicht leicht, mein Freund, ich kann Dir helfen, aber ich kann nicht für Dich gehen…
Till: (sehr nachdenklich. Und betrübt.) Aber was bleibt mir denn dann? Was bleibt mir und Hildegard?
Mimi (zärtlich): Die blauen Stunden am Morgen, mein Freund, wenn die Nacht noch nicht fort und der Tag noch nicht angebrochen ist. Und die Abenddämmerung, wenn die Sonne im Häusermeer versinkt. Die bleiben Euch. Und wenn es so sein soll, wenn ihr es wollt, wirklich wollt, dann werdet ihr einenWeg zueinander finden. Aber ich bin da raus.…
Hier verlassen wir die Dachkammer und überlassen die beiden ihren Gedanken. Möge der beginnenden Zuneigung zwischen Till und dem Fräulein Hildegard ein glückliches Ende beschieden sein. Und möge uns allen gelingen, den eigenen Weg zu gehen. Auch, wenn er windig ist...