2. Akt : Weiche Lappen, Grüne Seife

Paul, der inzwischen wieder auf dem Schreibtisch Platz genommen hat, sieht seine Knuspertaschen schwinden, und rollt sich zusammen. Schwanz über Augen, Pfoten auf die Ohren. Die Mimi studiert die mail. Und studiert und studiert. Hat sich ein Bütterken gemacht, eine Tasse Tee getrunken. Plötzlich erhellt ein Lächeln ihre bis dahin finstre Miene, gefolgt von einem Lilo-Pulver-Lachen. Dann tippt sie, flink fliegen ihre Finger dahin, im Takt eines Bossanova. Wir ahnen es : An das Bezirksamt. Und wir? Natürlich lesen wir mit:

Di 28.01.2020 16:58  Mimi an Behörde  Betr.: Putzabsprache

Liebes #Bezirksamt, zunächst dachte ich ja, Sie bereiten mir Kummer mit Ihrem Nachsatz. Aber nun, nachdem ich Ihr Mail mal mit dem gebotenen Ernst erneut durchgelesen habe, da weiß ich es besser: Sie wollten mich lachen machen ! Bravo, das ist Ihnen gelungen. Was die „Pflegevorgaben“ angeht, das geht klar.  Weiche Lappen, grüne Seife – kein Problem. Was die Verantwortung für meine Sicherheit angeht, da kann ich Sie beruhigen. Selbstverständlich stelle ich Sie von jeglicher Haftung frei. Sollte ich von der Leiter kippen, dann war ich einfach zu blöd, Sie haben da natürlich rein gar nichts mit zu tun.  Und wenn Sie davon ausgehen, dass ich mich keinen Risiken aussetze, dann liegen Sie mit Ihrer Annahme richtig.  Bei meinen Risikobetrachtungen lasse ich auch Statistiken nie außer Acht und kann Ihnen versichern:  Die meisten Unfälle passieren im Haushalt.  Gerade deshalb putze ich ja auch nicht daheim, sondern lieber draußen in der freien Schildbahn. Machen Sie sich also keine Sorgen, ich tu`s auch nicht. Ganz wunderbar übrigens, dieser vorletzte Satz.  Stark verschachtelter Satzbau, ganz reizend, nahezu formvollendet und doch so voller nebensätzlicher Tiefe, daß man sich glatt auf ewig drin verlieren könnte. Gratulation! Geben Sie Acht, daß Ihr literarisches Talent nicht in der Behörde verkümmert, es wäre schade drum….Aber wie kam ich jetzt darauf? Ach so, die Stelle, an der ich aus dem Lachen nicht mehr rauskam… nee, vorher noch ein Wort zu meiner Körpergröße, die ich nicht mittels Leiter verlängern soll . (By the way:  was wäre denn  „o.ä.“ ? Ich komm nicht drauf. Bierkästen werden Sie ja wohl nicht meinen).

Ich möge, so versteh ich das, nur Schilder putzen, die ich mit ausgestrecktem Ärmchen erreichen kann. Das hieße dann allerdings:  Keines. Außer diesen niedlichen kleinen Parktäfelchen auf Beifahrerfensterhöhe ist da nix für mich im Angebot.  In meiner alten Heimat ( Ruhrpott) ginge das ja, da hängt ohnehin alles ein wenig tiefer als hier, aber in Hamburg doch nicht! In Hamburg  muß ich mittels einer standfesten, soliden und niegelnagelneuen Markenleiter in den Luftraum eindringen, wenn ich fröhlich feudeln will.  Und das will ich. Immernoch. Und ohne Leiter geht da gar nichts. Hilfsweise sei angefügt, das ich aus Sicherheitsgründen bei der Wahl meiner Leiter Kosten nicht gescheut habe, um risikolos in die Wipfel des hiesigen Schilderwaldes zu steigen. Watt mutt, datt mutt. So. Und nun kommen wir zu dem, was meine ohnehin schon ausgesprochen große Heiterkeit noch weiter beförderte. Sie schreiben, sie gehen, neben allen allerlei anderen Annahmen, auch davon aus, daß ich mich ganz allgemein im öffentlichen Raum so bewege und handele, wie ich es auch als normale Verkehrsteilnehmerin tue. Tut mir leid, aber da geht nicht. Ich muss da mal, ganz allgemein, etwas klarstellen: Wenn ich, so ganz normal als Verkehrsteilnehmerin mich bewege – ja da schlepp ich doch keinen Putzeimer und ein Pülleken Neutralseife mit mir rum. Nur für den Fall, dass ich mal ein Schild nicht lesen kann. Also ehrlich jetzt, diese Art von Normalität ist mir fremd. Von sowas können Sie nicht ausgehen. Die Strassenschilder sind „smuddelig un kleierig“. Wenn Sie schon nicht die Stadtreinigung beauftragen mögen, dann sollten Sie wenigstens nicht verunmöglichen, das ich die Arbeit mache. Wenn schon alles dreckig ist, will ich mich aber nicht auch noch in Ihre „Grauzone“ begeben.  Dahin aber möchten Sie mich heute schicken,  mit wohlwollender Kenntnisnahme und Handlungs-empfehlungen, die Auflagen gleichkommen, obwohl keine offizielle Zustimmung/Genehmigung gegeben wird. Und da will ich nicht hin. Grau war noch nie so mein Ding.  Ich will alles schön sauber.  Wenn es keine offizielle Zustimmung gibt, dann nehm ich auch eine inoffizielle.  Irgendetwas, das zweifelsfrei und nicht interpretationsfähig besagt,  daß ich Schilder putzen darf. Mit und ohne Leiter (o.ä.) Dass ich nicht unbefugt handle, wenn ich das tue. Irgendwas, kleine mail, sowas wie: „Machet, Mimi,  wenne et pattuu nich lassen willz, aber wenne runnerfällz : Deine Sache.  Ham wir nix mit zu tun, heul uns dann nicht die Ohren voll. Gutes Gelingen und pass auf Dich auf, LG Bezi Was auch immer, förmlich oder nicht, offiziell oder inoffiziell, ist mir ehrlichgesagt völlig egal, aber zweifelsfrei muss es sein. Mit besten Grüßen aus der Freien Dachkammer Langenhorn, schönen Feierabend. Mimi Müller