Wie ich so durch die Stadt geh, da seh ich ihn da sitzen, an der Glühweinbude: weißer Bart, rote Jacke, ich denk : den kenn ich doch. “Sag mal bist Du das ?” “Ja” antwortet er, „ich bins“. “Und dann stehst du hier noch rum, sag mal, hast du nix zu tun? Meinst Du nicht, dass die Zeit drängt?“ “Nö,” sagt er, “mich drängt nichts mehr, für mich ist es vorbei, nach 2000 Jahren hat sich das jetzt alles erledigt, meine Arbeit, die bin ich los… “.
Richtig, Sie wissen schon, wen ich getroffen habe: Santa Claus, Papa Noel oder der Weihnachtsmann, wie man ihn auch nennt. Mir ist es eiskalt den Rücken runtergelaufen: Wenn der seinen Job los wär – ja, da gäb es ja für mich kein Weihnachten. Und für die Kinder und Sie auch nicht. Jedenfalls nicht, was den Teil mit den Geschenken betrifft. “Doch” sagt er, “Mimi, mach dir mal keine Sorgen, was du haben willst, das kannst Du Dir ja alles mit dem Smartphone bestellen, bei der United-Christmist-Company, und das bringen dir dann Tagelöhner nach Hause, zwar nicht mit dem Rentierschlitten, aber mit dem United-Päckchen-Service. Nüsse, Äpfel, Plätzchen- alles wie gehabt, nur eben diesmal aus dem United-Gen, Back und Veräppel-Shop. Alles United”, sagt er, “alles Fusion,” sagt er, “unser guter alter Himmel mit der Engelsbäckerei, den Spielzeugwichteln – pleite, Mimi, nach 2000 Jahre haben wir mit der Globalisierung nicht mithalten können. Nun ist alles aus. Engel, Wichtel, Weihnachtsmänner : alle arbeitslos. ” ” Und das Christkind“ frag ich ? “Ach, das Christkind,” seufzt er da schwer, ” das ist auch fertig mit der Welt, nur noch am heulen. Will zurück in den Mutterleib, hat nicht mal ein Engagement für ein Krippenspiel. Krippenspiele sind aus der Mode, jetzt gibt es Jahresendzeit-Events von der United-Kirch-Companie. Und Forget-Him-Partys in der Arena.“
Da hab ich versucht ihn zu trösten : “Das wird,” hab ich gesagt und hab ihn für Heilig Abend eingeladen, damit er mal auf andere Gedanken kommt. Ich hab ja immer ein Gedeck mehr auf der Tafel. Das ist eine schöne, alte Sitte, es ist aber an der Zeit, dass wir den Platz mal mit Leben füllen. “Das wird schon, mach dir keine Sorgen, es kommt alles in Ordnung.” hab ich gesagt. “Du,” sagte er, “du glaubst wohl auch noch an den Weihnachtsmann.” Dann ist er gegangen.
Ich weiß nicht wohin, ich glaub aber, er kommt wieder. Weil ich nämlich an ihn glaube. Ja, das tu ich. Ich glaub an den Weihnachtsmann. Und an das Christkind. Und Sie hoffentlich auch. Wenn Ihnen also jetzt einer begegnet, bei ihren Weihnachtseinkäufen, auf der Straße, mit einem Hut, einem Becher, einer Socke – zögern Sie nicht. Tun sie etwas hinein. Es könnte einer von den arbeitslosen Wichteln, Engeln oder das Christkind selbst sein. Und glauben Sie dran. An den Weihnachtsmann, an Frieden auf Erden und dass wir, jeder Einzelne, ein Licht anzünden kann. Wir können die, die ohne Hoffnung sind, an unsern Tisch einladen. Und nicht nur zur Weihnacht.
Wir wünsche Ihnen einen gesegneten vierten Advent.
Wunschzettel: Liebes Christkind ! Dieses Jahr hab ich vielleicht keinen Christbaumschmuck – der Karton ist nicht zu finden. Da wäre es schön, wenn ich den Baum voll Weihnachtskarten hängen könnte. Ich hab das mal in einem Chinarestaurant gesehen, hat mir gut gefallen. Ich wünsch mir weiter nichts als Weihnachtspost. Meinst Du, das geht ? Deine Mimi
P.S. Ich glaub an Dich !