Ostermontag. Sonnig und kühl.

Eines anderen Müllers Magnolie.Gestern.

Guten Morgen. Gut geschlafen? Heute früh sind die Kirschen vor dem Dachkammerfenster aufgeblüht, in der Nacht blies ein kräftiger Wind ums Haus, der sich aber wieder gelegt hat. Dieser Frühling 2020 ist so besonders, wie ja alles besonders ist, in dieser Zeit. Als ich gestern den Papst so allein in seinem Riesendom sitzen sah, da ging mir das Herz auf. Endlich mal ein richtiges Ostern, dachte ich mir und fragte mich, wie er sich wohl fühlt, allein, am Ostersonntag, ohne geneigtes Publikum, ohne den üblichen Jubel, so wie Christus an jenem ersten Ostersonntag allein war, niemand der ihn erwartete, keiner, der ihm zugejubelt hätte. Ob Bruder Franziskus wohl gespürt hat, wie nahe er gestern dem war, was sich zugetragen hat, damals…? Ich fand das alles gut, fand es stimmig, genau so wie es war, ich fand, daß da endlich Raum war für Gott, und etwas ganz anderes statt fand, als die immer gleiche alljährliche Aufführung der Vorstellungen der Kirchen von ihm. Da war eine große Ruhe, ein großer Friede, der mich ganz erfüllte und der weit hinaus ging über alles, was ich an anderen Ostertagen empfand. Da war … Wahrhaftigkeit.

Danach habe ich mir dann Steinmeiers Ansprache ausgedruckt, der es an einer solchen Wahrhaftigkeit mangelt. So sehr, daß ich das Bedürfnis hatte, ihm zu schreiben. Was ich dann ja auch tat. Diesen Brief werde ich heute überarbeiten. “An einem Satz wie an einer Bildsäule arbeiten”, so nannte es Tucholsky. Immerhin ist Herr Steinmeier ja der Bundespräsident und da hat er verdient, daß ich mir Mühe gebe. Gestern habe ich mit Hammer und Meißel die Skulptur grob aus dem Marmor gehauen, eine schwere Arbeit, heute ist viel Feinarbeit zu leisten. Da gilt es zu feilen. Und zu feilen. Und dann kräftig zu polieren…Das wird erfahrungsgemäß Zeit brauchen, ich hoffe aber, daß ich heute damit fertig werde, doch wenn nicht, dann wird es eben Morgen darüber. Gut Ding hat bekanntlich gut Weil und watt mutt, datt mutt. Aber ich bin guter Dinge, daß ich Ihnen am Abend “Clio” präsentieren kann, meine Muse der Geschichtsschreibung. Bis dahin ist aber noch ein schönes Stück Arbeit zu leisten, weswegen ich diesen Ostertag jetzt an Ihr Herz lege, mit der “Ermunterung”, die guten Gefühle von gestern zu “verstetigen”. Genießen Sie ihn. Er zeigt sich in schönstem Frühlingsgewande…