Keiner verlässt die Bühne. Vom Glück, eine Schriftstellerin zu sein.

Rechtzeitig! Nun ist es leider zu spät…

Ich habe Ihnen ja schon davon erzählt, wie das damals war, vor einem Viertel Jahrhundert, als ich begann, Schriftstellerin zu sein. Über das “Warum” habe ich nichts geschrieben. Jetzt ist aber ein guter Zeitpunkt, um darauf zu kommen, was für mich das Wesentliche am Schreiben ist: Freiheit. Selbstbestimmung. Unabhängigkeit. Und die (Eigen-+)Verantwortlichkeit. Sie sind das Schönste an diesem Beruf. Niemand redet einem rein, wenn man es nicht zulässt. Wenn ich mir eine Geschichte, einen Roman, eine Komödie ausdenke, dann bin ich so frei, wie der Mensch es nur sein kann. Ich bin es, die ein Thema aussucht, ich lege die Orte fest, nicht einmal an eine Zeit bin ich gebunden. Und ich bin es auch , die bestimmt, wer mitspielt (und wer nicht). Ich bin es ebenfalls, die die Figuren aussucht, gestaltet, ihre Charaktere und Handlungen fortführt. In welchen Umständen sie leben, wie sie aussehen, ob sie lachen oder weinen, lieben oder hassen, lustige oder traurige Gestalten sind – all das liegt allein in meiner Feder, in meinen Händen, in meiner Verantwortung und ist meiner Phantasie überlassen. Meine Gedanken sind frei und niemand braucht sie erraten. Ich kann sie auf alle mir erdenklichen Arten ausdrücken…

Eine annähernd große Handlungsfreiheit hat man ansonsten nur noch in Verwaltung und Politik. Statt sich jedoch der eigenen Möglichkeiten mit Creativität und Phantasie zu bedienen, um die Wechselfälle des Lebens zu einem guten Ende zu bringen, versucht man sich auf jener Bühne mit aller Macht alles vom Halse zu halten, was zu klein und unbedeutend ist, als dass es den eigenen Spaß zu mehren verspräche. Auch dort wird festgelegt, wer, wie und unter welchen Umständen zu leben hat und man verfügt auch über die finanziellen Mittel, eine glänzende Inszenierung nach der anderen, opulent auszustatten, doch richtet man sich dort an eine ganz andere Zielgruppe. Und die sitzt nun mal nicht im Langenhorner Volkstheater. Die interessiert sich in Hamburg, nach Vollendung der Elphilharmonie, nun für die “Bibliotheken-Elphi”. Das ist eine dem Bedürfnis des gesellschaftlichen Verkehrs geschuldete Notwendigkeit, der alle sich mit ganzer Aufmerksamkeit widmen. Das sind die wirklich wichtigen Dinge auf der “großen Bühne” des innerstädtischen Lebens. Das nächste “Leuchtturmprojekt”, richtig große “Aushängeschilder”, und da sind dann eben weder geistige noch finanzielle Kapazitäten frei für Volksschauspiel und den “Botanischen Kleinstgarten Langenhorn” . Wir zahlen, das soll genügen.

Wie kam ich jetzt dadrauf ? Ach ja, dass Bezirksamt hat mit mir Schluß gemacht. Besser gesagt, es würde gerne mit mir Schluß machen, was aber, leider, leider, gar nicht möglich ist. Das #Bezirksamt kann ja nicht in meiner Komödie herumschreiben. Es wird seine Rolle spielen, ob es nun will oder nicht. Übrigens eine schöne Rolle, mit viel Gestaltungsfreiheit, denn ich habe seinen Charakter nicht von vornherein festgelegt, sondern es ihm selbst überlassen, wie es die Rolle ausfüllen will. Es hat sich seinen derzeitigen Charakter selbst ausgesucht, kann ihn aber jederzeit wechseln. Eines aber kann es nicht: Schluss machen. Das kann nur ich. Und ich will nicht. Und ich muß auch nicht. Ich kann nämlich machen, was ich will . Im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, versteht sich. Es ist meine künstlerische Freiheit und es ist meine Tastatur. Und ich, Herr*schaften, will die Rolle nicht streichen. Ich denk nicht mal dran. Den Wunsch nach einem flotten Abgang kann ich zwar sehr gut verstehen, ihn aber nicht erfüllen. Sorry, geht nicht. Hauptrollen streicht man nicht. Macht keiner, den ich kenne. Ich auch nicht. Ein bißchen Ruhe, die will ich #B1 und #B2 aber gern gönnen. Ich mache während ihrer Ruhephase Anderen zu schaffen, dann können sich alle ein wenig sammeln und ich kann den Rückstand aufarbeiten Ich habe ja eine Komödie zu schreiben. Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. Hat Karl Valentin gesagt. Ich kann versichern, es stimmt.